Creidlitz - Rossach - Die Itzgrundbahn, eine tote Nebenbahn in Oberfranken

Tobias Weißflog

Datum: 09.07.08 13:22



Die Strecke wurde bis 1995 auf den gesamten 8km befahren, zum Schluss mit V100. Im Jahr 1996 wurde der hintere Abschnitt Rossach - Großheirat eingestellt. Auf dem Reststück wurde dann noch bis 2001 gefahren, ehe alle Gleise 2004 herausgerissen wurden.
Dadurch, das es erst vier Jahre zurückliegt, kann man den Streckenverlauf noch sehr gut nachvollziehen und erkennen. An einigen Stellen könnte man meinen, die letzten Bagger sind vor ein paar Minuten erst verschwunden ... An anderen Stellen jedoch wäre eine Wiederinbetriebnahme völlig undenkbar, eine Autobahn oder neue Häuser...

Ich beginne meinen Bericht von hinten her, von Rossach.

 

Am Endpunkt der Strecke kann man noch alles genau erkennen. Außer, das die Gleise entfernt wurden scheint nichts passiert zu sein. Sogar eine Bahnsteiglaterne hat überlebt!! Das Empfangsgebäude macht einen sehr gepflegten Eindruck, es ist bewohnt.
Doch schon direkt hinter dem Bahnhof entsteht gerade sozusagen "im Schotter" ein neues Firmengebäude ...

 

Auf dem Abschnitt bis zum nächsten Ort, Großheirath, wurde der ehemalige Gleiskörper zum Radweg umfunktioniert. Er nutzt auf der Gesamtlänge den Bahnkörper. Rechts sieht man übrigens die B4, ein Mitgrund, weshalb die Strecke nicht gerade die attraktivste war. Sie verläuft auf der gesamten Länge in unmittelbarer Nachbarschaft.

 

Nächster Bahnhof dann Großheirat. Der Bahnhof liegt am nördlichen Stadtrand, die Bahn führte direkt durch den Ort. Von all dem ist heute kaum noch etwas zu sehen; ein Parkplatz einer Drogerie ist mitten auf die Strecke platziert wurden. Die anderen Anlieger haben die Möglichkeit genutzt, sich und ihr Anwesen auszubreiten... In einem Garten zeigt noch ein Kilometerstein und ein alter Telegrafenmast von der Eisenbahn!
Am Bahnhof selbst wüten zur Zeit die Bagger. Kein Stein bleibt auf dem anderen. Das EG macht jedoch einen ähnlich gepflegten Eindruck wie in Rossach. Dort, wo früher Güter verladen wurden, werden jetzt Bäumchen gezüchtet!
Auf dem nächsten Abschnitt bis Untersiemau liegt der Bahndamm brach. Man kann ihn jedoch aufgrund seiner Vegetation noch sehr gut erkennen. Kurz vor Untersiemau ist jedoch vorbei mit dieser Idylle. Ein großer Damm für eine neue Autobahn kreuzt die Bahnstrecke... Es ist ja klar, das wenn die Strecke entwidmet ist, keine teuere Brücke oder ähnliches gebaut wird, aber es tut weh, so etwas zu sehen!!
In Untersiemau selbst ist von einer früheren Bahnanbindung kaum noch etwas zu spüren. Auch hier führte die Strecke direkt durch den Ort. Die BÜ wurden wie überall, auch hier zugeteert. Ein ehemaliger Bahnkunde, ein Agrarhandel hat seine Rampe, an der früher die Waggons beladen wurden, kurzerhand auf das gesamte frühere Gleis ausgebreitet. Wenn man nicht genau wüsste, das hier einmal eine Bahn gewesen sein muss, würde das nicht erkennen!
Auf dem nächsten Abschnitt ist es genau wie auf den vorhergehenden; Bahndamm liegt brach, wuchert zu, gerät in Vergessenheit, die Autos auf der parallelen B4 sorgen für reichlich Lärm ...

 

Vor Meschenbach wird diese Monotonie jedoch endlich beendet, die Strecke wendet sich etwas von der B4 ab. Dafür führt sie durch den großen Damm eines Zubringers, welcher mit einem kurzen Tunnel gekreuzt wird, ein wahrer Kunstbau also, auch wenn das mit Kunst nicht viel zu tun hat... Ein Wunder, das man 1985 überhaupt soviel Aufwand betrieben hat...

 

In Meschenbach selbst - übrigens eine Partnergemeinde vom gleichnamigen Ort in der ehemaligen DDR - sieht es folgendermaßen aus. Der Bahndamm incl Schotter wird als Wirtschaftsweg verwendet, oder als Lagerplatz für Holz. Sogar eine kleine Metallgitterbrücke mit Geländer hat die Zeit überstanden!
Von einer Bahnstation konnte ich hier ebenso wie in Untersiemau - beides Haltepunkte - leider nichts finden. Liegt aber eben auch daran, das die Privatgrundstücke auf der Strecke sind, teilweise umzäunt - da kommt man nicht ohne weiteres mehr hin.

 

Der nächste Teil ist ebenso wenig spannend, wie der gesamte Streckenverlauf. Jedoch wird die Strecke auf dem halben Weg zwischen Meschenbach und Niederfüllbach von der, die ganze Strecke begleitenden Landstraße gequert, wofür man seinerzeit die Straße aufwändig verschwenkte. Das ist heute noch genauso, und wird wohl auch so bleiben. Denn hinter dem BÜ verwendet der Fahrradweg wieder die Bahntrasse. Jedenfalls könnte diese "Kurve" in Zukunft bei jüngeren Generationen zum Denken anregen: "Was war da mal???"

 

Bis Niederfüllbach wurde die Bahnstrecke, wie gesagt, zum Radweg. Vor Ortseingang Seitenwechsel mittels BÜ, der natürlich zugeschmiert wurde. Von da an, ist die Bahnstrecke bis Creidlitz kein Radweg mehr. Sie verläuft immer am Ortsrand, ist noch gut auszumachen. Jedoch auch hier weit und breit keine Spur eines Haltepunktes. Einziges Indiz im Ort, was auf eine frühere Eisenbahn hindeudet ist die Bahnstraße, die allerdings immer in gehörigem Abstand zur Strecke selbst verläuft.



An deren Ende jedoch das Streckenstück, das noch am meisten an frühere Zeiten erinnert. Auf dieser kleinen Eisenbrücke sind selbst die Rippenplatten noch vorhanden. Bräuchte man doch nur noch Schienen!? Aber genauso erfreulich, wie diese Sache ist, so trauriger ist wieder der Zustand des "Bahnübergangs" ... oder das, was einmal einer war!
Von da an verläuft die Strecke durch eine industriell geprägte Gegend. Hier befand sich früher mal ein Anschlussgleis zu einer Fabrik. Das Anschlussgleis liegt noch drinnen, eingeteert! Weiche und alles andere ist jedoch weg.
Direkt an der Grenze zwischen Niederfüllbach und Creidlitz steht an der Strecke noch ein alter Fernsprecher, sehr beeindruckend - ein Stückchen Eisenbahn inmitten von Autohäusern, Supermärkten und Tankstelle!
Noch eine Info am Rande: Niederfüllbach oder zumindest der Name hat bald wieder größere Bedeutung im Zusammenhang mit der Eisenbahn, oder besser gesagt ICE... Im Zusammenhang mit der NBS Nürnberg - Erfurt wird hier für den ICE Halt in Coburg die südliche Ausfädelung gebaut. Die Talbrücke trägt den Namen des Ortes. Was den Bewohnern Niederfüllbachs wohl mehr Wert war? Der schnelle, zukunftsweisende ICE, von dem man außer einer unschönen Betonbrücke nichts hat oder die alte Nebenbahn, mit der man in die Kreisstadt fahren konnte???



Zurück zur Strecke: Wenige hundert Meter vor der Einmündung in die Bahnstrecke Lichtenfels - Coburg, die noch befahren wird, endet ein Creidlitzer Bahnhofsgleis, welches sogar elektrifiziert ist, am Prellbock. Direkt nebenan ein Mega-Logistikzentrum von DB Schenker...!
Der Bahnhof Creidlitz hatte zwei Seiten, auf der einen die Züge nach Großheirath - Rossach, auf der anderen die von und nach Coburg - Lichtenfels. Beide Seiten entsprechen noch weitestgehend dem Ursprungszustand, vom Betrieb abgesehen. Auch der gesamte Betriebsablauf ist recht nostalgisch; handbediente Schranken und Signale, alles macht einen gepflegten Eindruck!
So oder so ähnlich war es wohl auch bis vor wenigen Jahren auf der gesamten Strecke!


Tobi